Blutbildungsstörungen und Blutungen

Autor:  Dr. med. Gesche Riabowol (nee Tallen), Redaktion:  Maria Yiallouros, Freigabe:  Prof. Dr. med. U. Creutzig, Zuletzt geändert: 23.02.2024 https://kinderkrebsinfo.de/doi/e172465

Zu den häufigen Blutbildungsstörungen bei krebskranken Kindern und Jugendlichen in der Palliativphase gehören ein Mangel an roten Blutkörperchen (Blutarmut oder Anämie) und ein Mangel an Blutplättchen (Thrombozytopenie). Oft betroffen von diesen Störungen sind Patienten mit:

  • akuter lymphoblastischer und akuter myeloischer Leukämie (ALL, AML)
  • myelodysplastischem Syndrom (MDS)
  • Knochenmarks-Absiedlungen (Metastasen) solider Tumoren (beispielsweise Metastasen eines Neuroblastoms)
  • herabgesetzter Knochenmarksfunktion nach einer Chemotherapie

Blutungen können zwar durch einen Mangel an Blutplättchen verursacht werden, allerdings auch (noch) andere Ursachen haben.

Behandlung von Blutarmut (Mangel an roten Blutkörperchen)

Ob eine Blutarmut (Anämie) behandlungsbedürftig ist, muss immer individuell abgewogen werden. Alle Beteiligten (betroffene Familie und Behandlungsteam) sollten gemeinsam überlegen, inwieweit der Patient in der aktuellen Krankheitssituation von einer Bluttransfusion profitieren kann. Bei dieser Entscheidungsfindung spielen vor allem das Alter des Patienten, die Art und das Stadium seiner Erkrankung, bestehende Beschwerden sowie praktische Überlegungen (beispielsweise die Frage, ob für die Transfusion eine stationäre Aufnahme erforderlich ist) eine große Rolle. Es kann auch sein, dass von einer Behandlung abgesehen wird, da die zu erwartenden Belastungen für den stark geschwächten Patienten zu groß sind.

Die Gabe eines Erythrozytenkonzentrats kann den Zustand eines Patienten, der beispielsweise an Blutarmut und Luftnot leidet, verbessern (siehe hierzu auch Kapitel „Luftnot“).

Behandlung einer Thrombozytopenie (Mangel an Blutplättchen)

Eine Thrombozytopenie, also ein Mangel an Blutplättchen, wird in der Regel nur dann behandelt, wenn diese mit starken Blutungen einhergeht (siehe Folgekapitel). In einem solchen Fall erfolgt die Gabe von Thrombozytenkonzentraten; die Behandlung wird ambulant durchgeführt.

Wichtig zu wissen: Bei krebskranken Kindern und Jugendlichen mit Blutbildungsstörungen in der Palliativphase ist das wichtigste Kriterium bei der Entscheidung zu einer Transfusion die individuelle Situation des Patienten, nicht das Laborergebnis allein. Das heißt, eine verminderte Zahl roter Blutkörperchen oder Blutplättchen reicht als Indikation für eine Bluttransfusion nicht aus.

Behandlung von Blutungen

Bei krebskranken Kindern und Jugendlichen in der Palliativversorgung können insbesondere die folgenden Störungen zu Blutungen führen:

  • erkrankungs- und/oder behandlungsbedingter Mangel an Blutplättchen (Thrombozytopenie): Ein solcher Mangel verursacht häufig Schleimhaut-/Nasenbluten, seltener schwere Blutungskomplikationen.
  • Mangel an Gerinnungsfaktoren infolge eines therapiebedingten Leberschadens oder eines Lebertumors (zum Beispiel Metastasen oder Hepatoblastom)
  • Blutungen aus einem gefäßreichen Tumor

Der Kinderarzt und weitere Spezialisten (zum Beispiel im Labor) werden vor einer Behandlung zunächst prüfen, welche mögliche(n) Ursache(n) einer Blutung zugrunde liegen und welcher Art die Blutung ist. Nicht nur starke Blutungen, sondern zum Beispiel auch kleine, jedoch über einen gewissen Zeitraum wiederholt auftretende Schleimhautblutungen im Magen-Darm-Trakt, können zu Blutarmut (siehe oben) und dadurch zu Mattigkeit, schneller Erschöpfbarkeit, Luftnot bei Aktivität sowie anderen Problemen führen, die die noch verbleibende Lebensqualität des Patienten weiter einschränken. Die Behandlung von Blutungen kann medikamentöser oder nicht-medikamentöser Art sein.

Behandlung ohne Medikamente

Zu den nicht-medikamentösen Maßnahmen der lokalen Blutstillung, zum Beispiel bei Nasenbluten, gehören beispielsweise:

  • das Abdrücken der Blutungsquelle (beispielsweise mit Tamponaden)
  • der Schutz der betroffenen Region vor Verletzungen und Infektionen (zum Beispiel durch Desinfektion, Pflaster, Verband).

Die Benutzung dunkler oder bunter (statt weißer) Bettwäsche und Tücher hilft oft, Blutflecken unauffälliger zu machen und so den mit einer Blutung einhergehenden Schrecken zu verringern.

Behandlung mit Medikamenten

Medikamentöse Behandlungsmaßnahmen bei Blutungen in der Palliativversorgung sind zum Beispiel:

  • Bluttransfusionen: Ob diese angezeigt sind, muss individuell entschieden werden (siehe vorherige Kapitel)
  • der Einsatz von Wirkstoffen, die die Blutgerinnung anregen beziehungsweise die Auflösung von Blutgerinnseln hemmen (sogenannte Antifibrinolytika und hämostatische Substanzen), die in Tablettenform, Kompressen und anderen Darreichungsformen verfügbar sind.