Kinderonkologie wird ein öffentliches Thema

Autor:  Barbara Grießmeier, Iris Lein-Köhler, Redaktion:  Ingrid Grüneberg, Zuletzt geändert: 06.12.2023 https://kinderkrebsinfo.de/doi/e269682

Weniger als ein Prozent aller Menschen, bei denen In Deutschland eine Krebserkrankung festgestellt wird, sind Kinder und Jugendliche. Diese vergleichsweise kleine Patientengruppe erhielt ab Ende der 1970er Jahre große Aufmerksamkeit: Aus einer meist unheilbaren Krankheit und frühem Tod wurde Hoffnung auf lebenslange Gesundheit. So setzten von verschiedenen Seiten Bemühungen ein, die Situation der Kinder und Jugendlichen in den Kliniken (aber auch zu Hause) nach außen hin sichtbar zu machen, zu verbessern und die Zeit der Therapie erträglicher zu gestalten:

  • ÄrztInnen und Pflegekräfte forderten eine bessere räumliche, personelle und materielle Ausstattung der Kinderkrebsstationen, damit Kinder und Jugendliche die eingreifende Behandlung psychisch unbeschadet überstehen und auch Eltern mit aufgenommen werden konnten.
  • Der Schweizer Kinderpsychiater Dieter Bürgin beschrieb 1978 seine Arbeit mit an Leukämie erkrankten Kindern in einem Buch und machte das innere Erleben, die Ängste und Ahnungen dieser Kinder nachvollziehbar.
  • Die „Gesellschaft für pädiatrische Onkologie“ (GPO) setzte sich als medizinische Fachgesellschaft gemeinsam mit der „Deutschen Arbeitsgemeinschaft Leukämieforschung“ (DAL) nicht nur für die Verbesserung der Behandlungsmöglichkeiten ein, sondern engagierte sich auf politischer Ebene auch für eine psychosoziale Versorgung der betroffenen Kinder und ihrer Familien.
  • An den meisten Klinikstandorten gründeten betroffene Eltern Fördervereine, die sich durch Öffentlichkeitsarbeit, Sammeln von Spendengeldern und die Finanzierung von Ausstattung und Personalstellen um eine Verbesserung der Situation der Familien in den Kliniken bemühten. Durch diese Initiativen fühlten sich viele Familien nicht mehr mit ihrem Schicksal alleine, sondern fanden Kraft und Unterstützung im Austausch mit anderen Betroffenen.
  • 1980 wurde die „Deutsche Leukämie–Forschungshilfe“ (DLFH) gegründet, die als Dachverband der lokalen Elternvereine fungiert und sich zunächst in erster Linie auf die weitere Unterstützung der Forschung im Bereich der Kinderonkologie konzentrierte.
  • Die Erfolge der Behandlung krebskranker Kinder trafen zunehmend auf das Interesse der Medien. Beispielweise führten Berichte in der Zeitschrift STERN 1986 zur „Aktion für krebskranke Kinder“, bei der STERN und ZDF gemeinsam mehrere Millionen D-Mark an Spendengeldern sammelten. Mit diesem Geld wurde die medizinische Ausstattung der Kliniken verbessert und psychosoziale Themen rückten in den Fokus der Berichterstattung. In der Folge entstanden weitere TV-Shows wie etwa die „Jose-Carreras-Gala“.
  • Auf Seiten der Politik entstand ein wachsendes Interesse an der Kinderonkologie. Petra Kelly († 1992), Mitbegründerin der GRÜNEN, spielte hierbei eine federführende Rolle. Aus ihrer persönlichen Betroffenheit über die Krankheit und den Tod ihrer jüngeren Stiefschwester heraus beschrieb sie in ihrem Buch „Viel Liebe gegen Schmerzen“ die Idee eines „Kinderplaneten“, zu dem Kinderkrebsstationen eigentlich werden sollten: Ein Ort, der in seiner kindgerechten Ausstattung und Atmosphäre die Behandlung der kranken Kinder ermöglicht, ohne dass diese von ihrer Familie getrennt sein müssten.

Literatur

  1. Kelly P (Hrsg): Viel Liebe gegen Schmerzen. Rowohlt 1986 KEL1986
  2. Buergin, D: Das Kind, die lebensbedrohende Krankheit und der Tod. Hrsg.: Hogrefe AG 1981 [ISBN: 978-3456805825] BUE1981