Myelodysplastisches Syndrom/Leukämie

Autor:  S. Mellor-Heineke, Dr. med. C. Zeidler, Zuletzt geändert: 26.02.2024 https://kinderblutkrankheiten.de/doi/e275462

SDS-Patienten haben ein erhöhtes Risiko im Laufe Ihres Lebens ein myelodysplastisches Syndrom (MDS) oder eine Leukämie zu entwickeln. Das Risiko liegt nach jetzigem Forschungsstand bei ca. 10 %. Ein MDS ist eine Erkrankung der blutbildenden Stammzellen im Knochenmark. Diese sind nicht mehr in der Lage, funktionstüchtige Erythrozyten, Thrombozyten, neutrophile Granulozyten, Lymphozyten etc. zu bilden. Unter dem Mikroskop sehen diese Blutzellen verändert bzw. dysplastisch aus (Myelo-Dysplasie). Oft finden sich auch zytogenetische Veränderungen in diesen Zellen.

Als Folge des Mangels an funktionsfähigen Blutzellen treten Anämie, Infektionen und Blutungen auf. Im weiteren Verlauf werden außerdem vermehrt unreife Zellen (Blasten) im Knochenmark produziert. Hieraus kann sich später eine Leukämie entwickeln. In der Mehrzahl der Fälle entwickelt sich eine akute myeloische Leukämie (AML).

Man geht davon aus, dass die SBDS-Mutationen zu Stress an den Ribosomen führen. Dieser Stress führt zur Aktivierung der Kontrollinstanzen für Zellwachstum (TP53 checkpoint pathways) und schränkt die Fitness der Blutstammzellen ein. Die Folge ist Knochenmarkversagen. Um dies zu umgehen, entstehen schon früh in der Kindheit Klone in den Blutstammzellen, die entweder eine Mutation in EIF6 oder in TP53 tragen. Mutationen in EIF6 verbessern den Ribosomen-Reifungs-Defekt, indem sie die Zusammensetzung zum reifen Ribosom ermöglichen. Dadurch wird die Aktivierung der P53-Kontrollzentren reduziert und die Zellfitness verbessert. Die EIF6-Mutationen haben kein Potential für eine Leukämieentstehung.

Hingegen führen Mutationen in TP53 zu einer Inaktivierung der Kontrollinstanzen für Mutationen in Tumor-Genen (tumor suppressor checkpoints). Diese Kontrollinstanzen verhindern normalerweise das Wachstum mutierter Zellen. TP53 Mutationen fördern deshalb durch Wegfall der Kontrollfunktion die Entwicklung einer Leukämie, insbesondere, wenn die TP53 Mutation auf beiden Allelen des Gens vorhanden ist.

Daher ist eine TP53-Mutation bei Patienten mit SDS ein wichtiger Marker für die Früherkennung der Entwicklung einer Leukämie. Andere Gene sind aktuell noch Gegenstand der Forschung.