Detaillierte Behandlungspläne
Autor: PD Dr. med. Gesche Tallen, Dipl.-Biol. Maria Yiallouros, Zuletzt geändert: 16.10.2014 https://kinderkrebsinfo.de/doi/e48927
Inhaltsverzeichnis
- Behandlungsgruppe 1: Patienten mit Ependymom WHO-Grad II und III ohne Resttumor, ohne Metastasen (M0): Alter: jünger als 4 Jahre
- Behandlungsgruppe 2: Patienten mit Ependymom WHO-Grad II und III ohne Resttumor, ohne Metastasen (M0); Alter: zwischen 4 und 21 Jahren
- Behandlungsgruppe 3: Patienten mit Ependymom WHO-Grad II und III mit Resttumor, ohne Metastasen; Alter: zwischen 0 und 21 Jahren
- Behandlungsgruppe 4: Patienten mit Ependymom WHO-Grad II und III mit Metastasen (M1 bis M4); Alter: 0 bis 21 Jahre
Im Folgenden erhalten Sie detaillierte Erläuterungen zur Behandlung der verschiedenen Patientengruppen. Allgemeine Informationen zu den im Anschluss erwähnten Behandlungsformen wie Operation, Chemotherapie und Strahlentherapie finden Sie im Kapitel "Behandlungsmethoden".
Behandlungsgruppe 1: Patienten mit Ependymom WHO-Grad II und III ohne Resttumor, ohne Metastasen (M0): Alter: jünger als 4 Jahre
Übersicht: Patienten mit einem Ependymom WHO-Grad II oder III, deren Tumor durch eine neurochirurgische Operation vollständig entfernt werden konnte und die jünger als 4 Jahre alt sind, erhalten eine intensive Chemotherapie gefolgt von einer (konventionellen) Strahlentherapie der Tumorregion.
Behandlungsplan [E-HIT 2000-BIS4°]
Die Patienten erhalten nach der Operation fünf Zyklen einer intensiven, intravenösen Chemotherapie. Dabei wird jeweils eine Kombination der Medikamente Cyclophosphamid (CP), Vincristin (VCR), Methotrexat (MTX), Carboplatin (Carbo) und Etoposid (VP16) gegeben.
Der jeweils nächste Chemotherapiezyklus wird nur dann durchgeführt, wenn die Kontrolluntersuchung (mit Magnetresonanztomographie, MRT) zwei Wochen nach Abschluss des vorhergehenden Zyklus keinen Rückfall und keine Metastasierung (im Gehirn) zeigt. Nach dem fünften Zyklus erfolgt die Bestrahlung der Tumorregion. Die Gesamtstrahlendosis beträgt 54 Gy.
Bildgebende Diagnostik im Verlauf: MRT-Kontrollen des Gehirns werden 24 bis 48 (spätestens 72) Stunden nach der Operation, im weiteren Verlauf in der Regel jeweils circa zwei Wochen nach jedem Chemotherapiezyklus sowie nach Abschluss der Strahlentherapie durchgeführt.
Behandlungsgruppe 2: Patienten mit Ependymom WHO-Grad II und III ohne Resttumor, ohne Metastasen (M0); Alter: zwischen 4 und 21 Jahren
Übersicht: Patienten mit einem Ependymom WHO-Grad II oder III, deren Tumor durch eine neurochirurgische Operation vollständig entfernt werden konnte und die zwischen 4 und 21 Jahre alt sind, erhalten eine hyperfraktionierte Bestrahlung der Tumorregion (siehe Kapitel "Strahlentherapie"). Alle Patienten mit Ependymom WHO-Grad III erhalten nach der Bestrahlung zusätzlich eine intensive Chemotherapie.
Behandlungsplan [E-HIT 2000-AB4]
Alle Patienten erhalten nach der Operation eine hyperfraktionierte Strahlentherapie der Tumorregion und des angrenzenden Gewebes. Die Gesamtstrahlendosis beträgt 68 Gy; sie wird aufgeteilt (fraktioniert) in zweimal 1 Gy pro Tag, die im zeitlichen Abstand von 6 bis 8 Stunden verabreicht werden. Bestrahlt wird an fünf Tagen in der Woche. Die Dauer der Strahlentherapie beläuft sich somit auf circa sieben bis acht Wochen. Für Patienten mit einem Ependymom WHO-Grad II ist die Therapie nach Abschluss der Bestrahlung beendet.
Patienten mit einem Ependymom WHO-Grad III erhalten während der Strahlentherapie einmal wöchentlich intravenös verabreichtes Vincristin sowie, im Anschluss an die Bestrahlung, fünf Zyklen einer intensiven, intravenösen Chemotherapie. Verabreicht werden Kombinationen der Medikamente Cyclophosphamid (CP), Vincristin (VCR), Carboplatin (Carbo) und Etoposid (VP16). Die gesamte Therapie für Patienten mit Ependymom WHO-Grad III (Operation, Strahlentherapie, Chemotherapie) dauert circa ein Jahr.
Bildgebende Diagnostik im Verlauf: MRT-Kontrollen des Gehirns werden 24 bis 48 (spätestens 72) Stunden nach der Operation, dann nach der Bestrahlung und bei Grad-III-Ependymomen im weiteren Verlauf während und nach der intensiven Chemotherapie durchgeführt.
Behandlungsgruppe 3: Patienten mit Ependymom WHO-Grad II und III mit Resttumor, ohne Metastasen; Alter: zwischen 0 und 21 Jahren
Übersicht: Patienten mit einem Ependymom WHO-Grad II, deren Tumor durch eine Operation nicht vollständig entfernt werden konnte, bei denen aber keine Metastasen vorliegen, erhalten nach der neurochirurgischen Tumorentfernung eine intensive Chemotherapie (Induktionstherapie). Die weitere Behandlung ist altersabhängig:
- Patienten über 18 Monate: Es erfolgt eine Bestrahlung der Tumorregion und parallel dazu wöchentliche intravenöse Vincristin-Gaben.
- Patienten unter 18 Monate: Die Strahlentherapie wird zeitlich verschoben und stattdessen eine weitere intensive Chemotherapie durchgeführt. Nach Erreichen des 18. Lebensmonats ist eine Strahlentherapie der Tumorregion vorgesehen.
- Für die meisten Patienten folgt nach der Bestrahlung eine Erhaltungschemotherapie.
Behandlungsplan [E-HIT 2000-R]
Für Patienten, bei denen nach der Erstoperation ein Resttumor vorliegt, wird das Behandlungsteam zunächst immer die Möglichkeit einer Zweitoperation zur erneuten Tumorentfernung diskutieren.
Chemotherapie
Wenn keine komplette Tumorentfernung erreicht werden kann, erfolgt immer eine intensive Chemotherapie (Induktionschemotherapie), unabhängig vom WHO-Grad des Tumors und vom Alter des Patienten.
Die Chemotherapie besteht aus zwei Zyklen; verabreicht werden Cyclophosphamid (CP) und Vincristin (VCR) beziehungsweise Carboplatin (Carbo) und Etoposid (VP16). Der Abstand zwischen den Elementen beträgt in der Regel drei Wochen. Nach jedem Zyklus erfolgt eine bildgebende Kontrolluntersuchung, anhand derer noch einmal die Möglichkeit einer Nachoperation in Erwägung gezogen wird.
Strahlentherapie
Im Anschluss an die Chemotherapie werden eine Bestrahlung der gesamten ursprünglichen Tumorregion sowie eine zusätzliche Bestrahlung des Resttumors durchgeführt. Das Mindestalter für die Bestrahlung beträgt 18 Monate.
- Kinder, die zur Bestrahlung eine Ruhigstellung (Narkose / Sedierung) benötigen und Kinder, die jünger als vier Jahre sind, erhalten die Bestrahlung einmal täglich (konventionelle Bestrahlung).
- Kinder ab vier Jahren, bei denen keine Ruhigstellung notwendig ist, werden zweimal täglich bestrahlt (hyperfraktionierte Strahlentherapie, siehe Kapitel "Strahlentherapie").
- Kinder, die nach Beendigung der Chemotherapie jünger als 18 Monate sind, erhalten bis zum Erreichen des 18. Lebensmonats weitere Zyklen dieser intensiven Kombinationschemotherapie und werden erst dann bestrahlt.
Erhaltungschemotherapie
Nach Abschluss der Bestrahlung erfolgt eine Erhaltungschemotherapie. Sie richtet sich danach, wie die Erkrankung auf die zuvor durchgeführte Chemotherapie angesprochen hat.
- Patienten mit gutem Ansprechen erhalten als Erhaltungschemotherapie weitere drei Zyklen einer intensiven, intravenösen Chemotherapie mit Cyclophosphamid (CP), Vincristin (VCR), Carboplatin (Carbo) und Etoposid (VP16).
- Patienten, bei denen kein Ansprechen auf die erste Chemotherapie zu verzeichnen ist, erhalten eine Chemotherapie mit dem Zytostatikum Temozolomid, das in Tablettenform (per oral) verabreicht wird.
- Sehr junge Patienten (unter 18 Monate bei Diagnose) erhalten keine Erhaltungschemotherapie, wenn sie bereits vor der Strahlentherapie insgesamt fünf Zyklen einer intensiven Chemotherapie erhalten haben und nach Ende der Bestrahlung tumorfrei sind.
- Sehr junge Patienten (unter 18 Monate nach Diagnose), bei denen nach der Strahlentherapie noch ein Resttumor nachweisbar ist und die auf die erste Chemotherapie gut angesprochen haben, erhalten bei Verträglichkeit ein bis drei weitere Zyklen einer intensiven, intravenösen Chemotherapie (siehe oben), wenn währenddessen das Wachstum des Tumors nicht fortschreitet. Kinder, bei denen nach dieser Erhaltungschemotherapie keine Tumorfreiheit vorliegt oder bei denen ein fortschreitendes Tumorwachstum auftritt, können mit Temozolomid (in Tablettenform) behandelt werden.
Bildgebende Diagnostik im Verlauf: MRT-Kontrollen des Gehirns sind 24 bis 48 (spätestens 72) Stunden nach der Operation, dann jeweils während und nach der postoperativen Chemo-, nach der Strahlentherapie, sowie im Verlauf und nach Abschluss der Erhaltungschemotherapie vorgesehen.
Behandlungsgruppe 4: Patienten mit Ependymom WHO-Grad II und III mit Metastasen (M1 bis M4); Alter: 0 bis 21 Jahre
Patienten mit einem Ependymom WHO-Grad II und III, deren Tumor bereits Metastasen gebildet hat, werden nach Rücksprache mit der HIT MED Studienzentrale individuell behandelt, ebenfalls mit einer Kombination von Strahlentherapie und Chemotherapie.

