Ependymom – Kurzinformation

Das Ependymom ist ein seltener Tumor des Zentralnervensytems (ZNS-Tumor). In diesem Text erhalten Sie die wichtigsten Information zu Krankheitsbild, Häufigkeit, möglichen Ursachen und Symptomen sowie zu Diagnose, Therapieplanung, Behandlung und Prognose der Erkrankung.

Autor:  Maria Yiallouros, Redaktion:  Maria Yiallouros, Freigabe:  Dr. med. Martin Mynarek, Zuletzt geändert: 12.09.2024 https://dx.doi.org/10.1591/poh.patinfo.ependy.kurz.1.20070626

Krankheitsbild

Ependymome sind Tumoren des Zentralnervensystems (ZNS). Sie gehören zu den soliden Tumoren und entstehen infolge einer Entartung von Zellen des Gehirns oder Rückenmarks. Da sie direkt vom Zentralnervensystem ausgehen, werden sie auch als primäre ZNS-Tumoren bezeichnet. Damit werden sie von Absiedlungen (Metastasen) bösartiger Tumoren abgegrenzt, die in einem anderen Organ entstanden sind.

Es gibt unterschiedliche Arten von Ependymomen; manche von ihnen waschen langsam, andere breiten sich relativ schnell in das umgebende Hirngewebe aus. Da der knöcherne Schädel aber nur begrenzt Raum für wachsendes Gewebe bietet und zum Teil lebenswichtige Gehirnregionen betroffen sind, können selbst langsam wachsende Ependymome im Krankheitsverlauf lebensbedrohend sein.

Lage und Ausbreitung im Zentralnervensystem

Ependymome gehen von bösartig veränderten (entarteten) Ependymzellen aus, das sind jene Zellen, welche die Innenwände der Hirnkammern (Hirnventrikel) und des Rückenmarkkanals (Spinalkanal) auskleiden. Entsprechend kommen diese Tumoren innerhalb des Ventrikelsystems und im Rückenmarkskanal vor.

Am häufigsten – mit etwa 60 % – wachsen Ependymome im 4. Ventrikel der hinteren Schädelgrube [siehe hintere Schädelgrube], das heißt, im Bereich des Kleinhirns. Von dort breiten sie sich oft in das Kleinhirn sowie in Richtung Hirnstamm und zum oberen Halsmark aus. Fachleute sprechen in diesem Fall auch von einem infratentoriellen Wachstum. 30 % der Ependymome befinden sich im Bereich der Seitenventrikel des Großhirns und des 3. Ventrikels im Zwischenhirns (so genanntes supratentorielles Wachstum). 10 % der Ependymome wachsen im Rückenmarkskanal (intraspinal).

Bei weniger als 5 % der Kinder mit Ependymom im Bereich des Großhirns oder der hinteren Schädelgrube (WHO-Grad II/III) wird bereits zum Zeitpunkt der Diagnosestellung eine Streuung des Tumors (Metastasierung) innerhalb des Zentralnervensystems nachgewiesen. Metastasen außerhalb des Zentralnervensystems, zum Beispiel in der Lunge und/oder in Lymphknoten, kommen selten vor.

Inzwischen ist bekannt, dass sich Ependymome, die in verschiedenen Regionen des Zentralnervensystems wachsen, in ihren biologischen Eigenschaften und hinsichtlich der gesundheitlichen Probleme, die sie beim Patienten verursachen, voneinander unterscheiden. Dies gilt insbesondere für Ependymome des Rückenmarkkanals (siehe auch Kapitel „Therapieplanung“).

Häufigkeit

Ependymome sind sehr seltene Tumorerkrankungen. Sie machen knapp 2 % aller Krebserkrankungen im Kindes- und Jugendalter aus. Ihr Anteil an den primären ZNS-Tumoren, die bei Kindern und Jugendlichen vorkommen, beträgt etwa 7 %. In Deutschland erkranken pro Jahr durchschnittlich etwa 40 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren neu an einem Ependymom. Dies entspricht einer Häufigkeit von circa drei Neuerkrankungen pro 1.000.000 Kinder.

Ependymome können in allen Altersgruppen vorkommen, am häufigsten sind sie jedoch im ersten Lebensjahrzehnt und insbesondere in den ersten drei bis vier Lebensjahren. Das Durchschnittsalter der Patienten zum Zeitpunkt der Diagnosestellung liegt bei knapp 5 Jahren. Jungen sind insgesamt etwas häufiger betroffen als Mädchen (Geschlechterverhältnis: 1,4:1). Eine Ausnahme bilden die Ependymome des Rückenmarks, die eher bei älteren Patienten vorkommen: Das mittlere Erkrankungsalter liegt hier bei etwa 14 Jahren.

Ursachen

Der genaue Entstehungsmechanismus, der der Entwicklung dieser Tumoren zugrunde liegt, ist noch nicht bekannt. Man weiß, dass nach einer Bestrahlung des Schädels im Kindesalter, zum Beispiel im Rahmen der Behandlung einer akuten Leukämie oder eines bösartigen Augentumors wie dem Retinoblastom, ein erhöhtes Risiko für die Entstehung eines Tumors im Zentralnervensystem besteht.

Ependymome können auch in Verbindung mit so genannten Krebsprädispositionssyndromen auftreten, angeborenen Fehlbildungskrankheiten, die mit einer Veranlagung für Tumoren einhergehen. Ein Beispiel ist die Neurofibromatose Typ II (NF-2): Patienten mit dieser erblichen Erkrankung haben ein erhöhtes Risiko, Ependymome im Bereich der Wirbelsäule zu entwickeln. Darüber hinaus werden in Ependymomzellen häufig bestimmte Genen und/oder Chromosomenveränderungen beobachtet. Diese Veränderungen können zu Störungen bei der Zellentwicklung führen und auf diese Weise dazu beitragen, dass aus einer gesunden Zelle eine Ependymomzelle wird. Es konnte bisher allerdings nicht gezeigt werden, dass solche im Tumorgewebe nachweisbaren Genveränderungen von Eltern an ihre Kinder vererbt werden.

Symptome

Krankheitszeichen (Symptome) entwickeln sich bei Kindern und Jugendlichen mit einem Ependymom, je nach Wachstumsgeschwindigkeit des Tumors, unterschiedlich schnell. Die Symptome, die bei einem Ependymom auftreten können, richten sich (wie bei anderen Arten von ZNS-Tumoren) vor allem nach dem Alter des Patienten und danach, wo sich der Tumor im Zentralnervensystem befindet und wie er sich ausbreitet. Dabei werden allgemeine (unspezifische) und lokale (spezifische) Krankheitszeichen unterschieden.

Unspezifische Symptome

Unspezifische Allgemeinsymptome treten unabhängig von der Lage des Tumors auf und ganz generell auch bei anderen Krankheiten, die nichts mit einem ZNS-Tumor zu tun haben. Sie äußern sich zum Beispiel in Kopf- und/oder Rückenschmerzen, Schwindelgefühlen, Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen (bei einem Hirntumor typischerweise unabhängig von der Nahrungsaufnahme [Nüchternerbrechen] und oft morgens und im Liegen), Gewichtsverlust, Müdigkeit, Leistungsknick, Konzentrationsstörungen, Wesensveränderungen und Entwicklungsverzögerungen.

Die Ursache für diese Symptome ist meist der langsam zunehmende Druck im Schädelinneren, der direkt durch den wachsenden Tumor bedingt ist und/oder durch eine vom Tumor verursachte Zirkulations- oder Abflussstörung der Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit (Liquor). Letztere kann auch zur Bildung eines so genannten "Wasserkopfes" (Hydrocephalus) führen. Dieser kann bei Babys und Kleinkindern mit noch offenen Fontanellen unter anderem durch eine verstärkte Zunahme des Kopfumfanges (Makrocephalus) auffallen.

Spezifische Symptome

Lokale (spezifische) Symptome geben Hinweise darauf, wo sich der Tumor im Zentralnervensystem befindet und welche Aufgabenzentren er dort beeinträchtigt. So kann ein Ependymom im Bereich des Kleinhirns zum Beispiel Gleichgewichts- und Gangstörungen hervorrufen, während ein Tumor im Großhirn mit Krampfanfällen und ein Tumor im Bereich des Rückenmarks mit verschiedenartigen Lähmungen einhergehen können. Auch andere Beschwerden, wie Seh-, Bewusstseins- und Schlafstörungen, können Hinweise auf die Lage des Tumors geben.

Gut zu wissen: Das Auftreten eines oder mehrerer dieser Krankheitszeichen muss nicht bedeuten, dass ein Ependymom oder ein anderer Hirntumor vorliegt. Viele der genannten Symptome können auch bei vergleichsweise harmlosen Erkrankungen auftreten, die mit einem Hirntumor nichts zu tun haben. Bei entsprechenden Beschwerden (zum Beispiel immer wiederkehrenden Kopfschmerzen, bei kleinen Kindern auch bei einer unverhältnismäßig schnellen Zunahme des Kopfumfanges) ist es jedoch ratsam, so bald wie möglich einen Arzt zu konsultieren, um die Ursache zu klären. Liegt tatsächlich ein Ependymom oder ein anderer Hirntumor vor, muss schnellstmöglich mit der Therapie begonnen werden.

Diagnose

Findet der (Kinder-)Arzt durch Krankheitsgeschichte (Anamnese) und körperliche Untersuchung Hinweise auf einen bösartigen Tumor des Zentralnervensystems (ZNS), wird er den Patienten in ein Krankenhaus überweisen, das auf Krebserkrankungen bei Kindern und Jugendlichen spezialisiert ist (Klinik für pädiatrische Onkologie/Hämatologie). Denn bei Verdacht auf einen solchen Tumor sind umfangreiche Untersuchungen und die Zusammenarbeit von Spezialisten unterschiedlicher Fachrichtungen notwendig, um festzustellen, ob tatsächlich ein ZNS-Tumor vorliegt und, wenn ja, um welche Art von Tumor es sich handelt und wie weit sich die Erkrankung im Körper ausgebreitet hat. Die Klärung dieser Fragen ist Voraussetzung für eine optimale Behandlung und Prognose des Patienten.

Untersuchungen zur Diagnosesicherung

Zur Diagnosestellung eines ZNS-Tumors wie dem Ependymom führen – nach einer erneuten sorgfältigen Anamnese und körperlicher Untersuchung – zunächst bildgebende Verfahren wie die Magnetresonanztomographie (MRT) mit und ohne Kontrastmittel und gelegentlich auch die Computertomographie (CT). Mit Hilfe dieser Methoden lässt sich genau feststellen, ob ein Tumor und gegebenenfalls Tumorabsiedlungen (Metastasen) im Gehirn oder Rückenmarkskanal vorliegen. Auch Lage und Größe des Tumors, seine Abgrenzung zu Nachbarstrukturen und ein Hydrocephalus sind mit diesen Verfahren sehr gut sichtbar.

Um die Diagnose endgültig zu sichern, muss in jedem Fall eine Gewebeprobe entnommen und auf ihre feingeweblichen (histologischen), immunhistochemischen und molekularen Eigenschaften untersucht werden. In der Regel wird das bei der Operation gewonnene Tumorgewebe für die Diagnosestellung verwendet.

Der Umfang der feingeweblichen und, vor allem, der molekulargenetischen Untersuchungen hat sich in den letzten Jahren stark erweitert. Durch den Einsatz moderner Labormethoden lassen sich mittlerweile molekulare Gewebeeigenschaften bestimmen, die zum einen die Diagnose noch sicherer machen, zum anderen auch Auskunft über den zu erwarteten Krankheitsverlauf (zum Beispiel Wachstumsverhalten) geben können. Die molekulare Diagnostik spielt daher eine wichtige Rolle bei der Therapieentscheidung und wird in Zukunft noch weiter an Bedeutung gewinnen.

Untersuchungen zur Ausbreitung der Erkrankung

Bestätigt sich der Verdacht auf ein Ependymom, sind zusätzliche Untersuchungen erforderlich, um die Ausbreitung der Erkrankung im Zentralnervensystem zu bestimmen. Abgesehen von einer MRT des gesamten Zentralnervensystems (Gehirn und Rückenmark), die der Suche nach makroskopisch sichtbaren Metastasen dient, lassen sich durch eine mikroskopische Untersuchung der Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit (Liquor) einzelne Tumorzellen (die im MRT nicht zu sehen sind) im Rückenmarkskanal nachweisen. Die Liquorgewinnung erfolgt meist nach der Operation durch eine Punktion im Bereich der Lendenwirbelsäule (Lumbalpunktion). Dort ist der Raum, der das Nervenwasser enthält, am besten zu erreichen.

Untersuchungen vor Beginn der Behandlung

Behandlungsvorbereitend können weitere Untersuchungen hinzukommen. Der Umfang dieser Untersuchungen hängt von der geplanten Therapie und den gegebenenfalls vorliegenden Begleiterkrankungen ab. Zum Beispiel können eine Überprüfung der Herzfunktion mittels Elektrokardiographie (EKG) und/oder Echokardiographie, eine Überprüfung des Hörvermögens (mittels Audiogramm, durch Otoakustische Emissionen (OAE) und/oder BERA-Hörtest), eine Elektroenzephalographie (EEG) oder elektrophysiologische Untersuchungen (zum Beispiel sensorisch evozierte Potentiale, SEPs) notwendig werden.

Umfangreiche Blutuntersuchungen dienen dazu, den Allgemeinzustand des Patienten zu überprüfen und festzustellen, ob die Funktionen einzelner Organe (zum Beispiel Nieren und Leber) beeinträchtigt sind oder Stoffwechselstörungen vorliegen, die vor oder während der Therapie besonders berücksichtigt werden müssen. Auch die Funktion der Hormon‎drüsen wird überprüft, um eine Störung durch den Tumor oder durch die Behandlung einschätzen und gegebenenfalls behandeln zu können. Aus demselben Grund können vor Behandlungsbeginn auch neuropsychologische Untersuchungen erfolgen [siehe Neuropsychologie‎]. Veränderungen, die möglicherweise im Laufe der Therapie auftreten, können anhand solcher Ausgangsbefunde und regelmäßiger Kontrolluntersuchungen zeitig erkannt und besser beurteilt werden.

Im Hinblick auf eventuell notwendig werdende Bluttransfusionen erfolgt eine Bestimmung der Blutgruppe erfolgen. Bei Mädchen im geschlechtsreifen Alter (ab der ersten Monatsblutung), muss vor Beginn der Behandlung eine Schwangerschaft ausgeschlossen werden.

Gut zu wissen: Nicht alle Untersuchungen sind bei jedem Patienten notwendig. Andererseits können eventuell Untersuchungen hinzukommen, die hier nicht erwähnt wurden. Fragen Sie Ihren behandelnden Arzt oder das Behandlungsteam, welche Untersuchungen bei Ihrem Kind geplant sind und warum die jeweilige Untersuchung erforderlich ist.

Die Krebserkrankung eines Kindes ist für die ganze Familie eine belastende Situation. Das Psychosoziale Team der Klinik oder später der Nachsorgeeinrichtung steht Patienten und ihren Angehörigen von der Diagnose bis zum Abschluss der Behandlung sowie während der Nachsorge beratend und unterstützend zur Seite. Zögern Sie nicht, dieses Angebot in Anspruch zu nehmen. Es ist fester Bestandteil des Behandlungskonzepts aller kinderonkologischen Zentren im deutschsprachigen Raum. Hier finden Sie umfassende Informationen zum Thema.

Therapieplanung

Wenn die Diagnose feststeht, erfolgt die Therapieplanung. Um eine möglichst individuelle, auf die Krankheitssituation und das Rückfallrisiko des einzelnen Patienten zugeschnittene (risikoadaptierte) Behandlung durchführen zu können, berücksichtigt das Behandlungsteam bei der Planung bestimmte Faktoren, die die Prognose des Patienten beeinflussen (so genannte Risiko- oder Prognosefaktoren).

Ein wichtiger Prognosefaktor ist die Art des Ependymoms. Weitere wichtige Prognosefaktoren sind die Lage und Ausdehnung des Tumors sowie das Vorhandensein von Metastasen, denn sie beeinflussen die Möglichkeit einer vollständigen Tumorentfernung und somit die Heilungschancen des Patienten. Darüber hinaus spielen aber auch das Alter und der Gesundheitszustand des Patienten eine wichtige Rolle. Alle Faktoren fließen in die Behandlungsplanung ein mit dem Ziel, für jeden Patienten das jeweils bestmögliche Behandlungsergebnis zu erreichen.

Die derzeit aktuelle Einteilung der Ependymome wird im Anschluss erläutert.

Einteilung der Ependymome (Klassifikation)

Es gibt verschiedene Arten von Ependymomen, die sich sowohl feingeweblich, das heißt hinsichtlich ihres Erscheinungsbildes unter dem Mikroskop, als auch bezüglich ihrer molekularen Gewebeeigenschaften voneinander unterscheiden. Darüber hinaus zeigen die verschiedenen (anhand von DNA-Methylierungsanalysen diagnostizierten) molekularen Ependymomtypen einen eindeutigen Bezug zu ihrer Lage im Zentralnervensystem.

Bis vor einiger Zeit erfolgte die Einteilung der Ependymome (Klassifikation) ausschließlich unter Berücksichtigung ihrer feingeweblichen (histologischen) Eigenschaften. Die Klassifikation der Weltgesundheitsorgansiation (englisch: World Health Organization, WHO) unterschied nach diesem Kriterium einerseits niedriggradig maligne Ependymome (WHO-Grad I und II), deren Zellen sich selten teilen, die also eher langsam wachsen, und höhergradig maligne Ependymome (WHO-Grad III) mit höheren Teilungsraten und weiteren typischen Merkmalen für ein aggressives Wachstum.

Da das Aussehen der Tumoren unter dem Mikroskop allerdings nur bedingt geeignet ist, das Wachstumsverhalten der Tumorzellen vorherzusehen, wurden in den letzten Jahren zunehmend molekulargenetische (biologische) Eigenschaften des Tumorgewebes berücksichtigt und in die Therapieentscheidungen mit einbezogen.

Die aktuelle WHO-Klassifikation für Tumoren des Zentralnervensystems (Stand 2021) unterscheidet (nach anatomischer Lage, histologischen und molekulargenetischen Kriterien) folgende Ependymome:

  • Subependymom ZNS-WHO-Grad 1: langsam wachsender, niedriggradig maligner Tumor
  • Myxopapilläres Ependymom ZNS-WHO-Grad 2: langsam wachsender, niedriggradig maligner Tumor
  • Supratentorielles Ependymom NOS: (ZNS-WHO-Grad 2 oder 3)
  • Supratentorielles Ependymom mit ZFTA-Fusion (ZNS-WHO-Grad 2 oder 3)
  • Supratentorielles Ependymom mit YAP1-Fusion (ZNS-WHO-Grad 2 oder 3)
  • Ependymom der hinteren Schädelgrube (ZNS-WHO-Grad 2 oder 3)
  • Ependymom der hinteren Schädelgrube der Gruppe A (PFA, ZNS-WHO-Grad 2 oder 3)
  • Ependymom der hinteren Schädelgrube der Gruppe B (PFB, ZNS-WHO-Grad 2 oder 3)
  • Spinales Ependymom (ZNS-WHO-Grad 2 oder 3)
  • Spinales Ependymom mit MYCN-Amplifikation (ohne Zuteilung eines ZNS-WHO-Grades)

Fast alle Ependymome im Kindes- und Jugendalter sind Grad 2- oder 3-Tumoren. Im Bereich von Großhirn und Zwischenhirn (supratentoriell) sind Ependymome mit ZFTA-RELA-Fusion WHO-Grad 2 oder 3 am häufigsten. Das myxopapilläre Ependymom WHO-Grad 2 kommt ausschließlich im Rückenmarkskanal vor. Subependymome ZNS-WHO-Grad 1 treten bei Kindern und Jugendlichen nicht oder nur sehr selten auf auf und gelten inzwischen als separater Tumortyp.

Anmerkung: Die Grenze zwischen ZNS-Grad 2- und ZNS-Grad 3-Tumoren lässt sich bei der feingeweblichen Untersuchung nicht immer eindeutig festlegen; eine sicherere Voraussage des Wachstumsverhaltens erlaubt die Bestimmung der molekularen Subgruppe (anhand von DNA-Methylierungsanalysen). Allerdings gibt es zwischen Grad 2- und 3-Ependymomen keinen Unterschied hinsichtlich Therapie und Heilungsaussichten der Patienten.

Therapie

Die Behandlung eines Patienten mit Ependymom sollte unbedingt in einer kinderonkologischen Behandlungseinrichtung erfolgen. Dort ist das hoch qualifizierte Fachpersonal (Ärzte, Fachpflegekräfte) auf die Behandlung krebskranker Kinder spezialisiert und mit den modernsten Therapieverfahren vertraut. Die Ärzte dieser Klinikabteilungen stehen in fachorientierten Arbeitsgruppen in ständiger, enger Verbindung miteinander und behandeln ihre Patienten nach gemeinsam entwickelten und stetig weiter verbesserten Therapieplänen. Ziel der Behandlung ist, eine hohe Heilungsrate zu erreichen und gleichzeitig die Nebenwirkungen und Spätfolgen so gering wie möglich zu halten.

Die aktuellen Behandlungskonzepte für Kinder und Jugendliche mit einem Ependymom beinhalten für den Großteil der Patienten eine Operation zur möglichst vollständigen Tumorentfernung, eine Strahlentherapie und für éinige Kinder auch eine Chemotherapie. Bei jungen Kindern wird die Chemotherapie vor der Bestrahlung verabreicht. Hierdurch kann eine zeitliche Verzögerung des Bestrahlungsbeginns erreicht werden. Lediglich bei Patienten mit spinalem Ependymom und gleichzeitigem Vorliegen einer Neurofibromatose Typ 2 kann zunächst mit der Therapie abgewartet werden (Beobachtung), sofern keine Symptome vorliegen, die eine Behandlung erfordern. Denn diese Ependymome wachsen lokal und extrem langsam.

Operation

Die Operation mit kompletter Entfernung des Tumors (Tumorresektion) ist bei Patienten mit einem Ependymom von entscheidender Bedeutung, denn es hat sich gezeigt, dass das Ergebnis der Operation den weiteren Krankheitsverlauf maßgeblich beeinflusst: Kann der Tumor vollständig entfernt werden, ist dies in aller Regel mit einer günstigeren Prognose verbunden als wenn – zum Beispiel aufgrund fortgeschrittener Erkrankung – nur eine Teilentfernung möglich ist.

Wenn bei der ersten Operation keine vollständige Entfernung erreicht wird, planen die Ärzte meistens eine spätere erneute Operation, sofern diese dem Patienten nicht schadet, das heißt, mit einem akzeptablen Operationsrisiko verbunden ist. Aufgrund ihrer Lage im Zentralnervensystem ist allerdings bei manchen Ependymomen eine vollständige Entfernung schwierig oder nicht möglich. Insbesondere Tumoren, die im Bereich des 4. Hirnventrikels und des Kleinhirnbrückenwinkels (das heißt, infratentoriell) wachsen, können häufig nur unvollständig entfernt werden. Bei einer kompletten Tumorentfernung wäre das Risiko zu groß, dass gesundes, lebenswichtiges Hirngewebe verletzt wird.

Nicht-chirurgische Behandlung

Die Entscheidung für oder gegen eine nicht-chirurgische Behandlung nach der Operation hängt vor allem vom feingeweblichen Tumortyp (ZNS-WHO-Grad) und dem Ausmaß der Tumorentfernung ab. Während ein vollständig entferntes ZNS-WHO-Grad 1-Ependymom meist keine weitere Therapie erfordert (allerdings im Kindes- und Jugendalter sehr selten vorkommt), ist bei Patienten mit einem Ependymom ZNS-WHO-Grad 2 oder 3 im Bereich des Gehirns (intrakranielle Ependymome) eine Weiterbehandlung vorgesehen. Die Bestrahlung der Tumorregion gilt als Therapiestandard. Manche Patienten erhalten darüber hinaus eine Chemotherapie (siehe unten).

Eine Strahlentherapie erfolgt mit energiereichen, elektromagnetischen Strahlen, die von außen durch die Haut auf die betroffene Region eingestrahlt werden. Sie verursachen Schäden im Erbgut der Tumorzellen und führen dadurch zu deren Absterben. Moderne Bestrahlungstechniken, wie die so genannte intensitätsmodulierte Radiotherapie (IMRT), sorgen dafür, Strahlenschäden an gesundem Gewebe zu minimieren. Bei manchen Patienten kann anstelle der konventionellen Strahlentherapie (mit Photonen) auch eine Protonentherapie (unter Verwendung von Protonenstrahlung) in Frage kommen. Diese erlaubt es noch besser, Strahlenschäden an gesundem Gewebe zu reduzieren und gewinnt daher eine immer größere Bedeutung bei der Behandlung von Tumoren im Kindes- und Jugendalter.

Bei der Chemotherapie werden zellwachstumshemmenden Medikamenten (Zytostatika) verabreicht, die darauf abzielen, Krebszellen in ihrem Wachstum zu stoppen oder zu vernichten. Die Behandlung erfolgt in der Regel mit mehreren Zytostatika gleichzeitig, um eine möglichst große Wirkung gegen die bösartigen Zellen zu erzielen.

Behandlungsoptionen bei Ependymomen ZNS WHO-Grad 2–3

Bei Ependymomen ZNS WHO-Grad 2 oder 3 reicht die Behandlung des sichtbaren Tumors in der Regel auch dann nicht aus, wenn dieser komplett entfernt werden kann. Denn diese Tumortypen neigen, in unterschiedlichem Maße, zu aggressivem Wachstum, so dass davon ausgegangen werden muss, dass nach der Operation kleinste, mit dem bloßen Auge nicht erkennbare Tumorreste oder auch einzelne Tumorzellen verblieben sind, die sich jederzeit vermehren können. Diese Tumorreste erhöhen das Risiko eines Erkrankungsrückfalls im Bereich der ehemaligen Tumorregion (Lokalrezidiv). Weniger häufig kommt es zu Rückfällen in entfernten Bereichen des Gehirns oder Rückenmarks.

Um einem Erkrankungsrückfall vorzubeugen, ist bei Ependymomen im Bereich des Gehirns eine nicht-chirurgische Nachbehandlung durch Bestrahlung des Resttumors beziehungsweise der ehemaligen Tumorregion und bei einigen Patienten auch eine Chemotherapie sinnvoll. Die Chemotherapie wird zum Beispiel bei sehr jungen Kindern eingesetzt, um den Beginn der Strahlentherapie zu verzögern oder vorerst zu vermeiden. Auch eine Therapieintensivierung (zum Beispiel bei Metastasen und/oder Resttumor) kann Ziel der Chemotherapie sein.

Welche Form der nicht-chirurgischen Therapie im Einzelfall eingesetzt wird, richtet sich in erster Linie nach der Art des Tumors und dem Metastasierungsgrad, dem Vorhandensein eines Resttumors und dem Alter des Patienten zum Zeitpunkt der Diagnosestellung.

Nach den aktuellen Therapieempfehlungen der HIT-MED-Studienzentrale (gemäß HIT-MED-Guidance) erhalten Patienten ab einem Alter von 18 Monaten, die nach der Operation weder Resttumor noch Metastasen aufweisen, in der Regel eine Bestrahlung der Tumorregion. Bei jüngeren Patienten ohne Metastasen beziehungsweise Resttumor erfolgt zunächst eine intensive Chemotherapie. Daran kann sich, wenn der Patient ein Alter von einem Jahr erreicht hat, ebenfalls eine Bestrahlung der Tumorregion anschließen.

Bei Patienten mit einem Resttumor nach der Erstoperation besteht das Ziel der nicht-chirurgischen Therapie in erster Linie darin, den Tumor durch eine weitere Operation vollständig zu entfernen. Zu diesem Zweck kann zunächst eine intensive Chemotherapie erfolgen, die darauf abzielt, den Tumor zu verkleinern. Je nach Therapieergebnis und dem Alter des Patienten zum entsprechenden Zeitpunkt kommen anschließend gegebenenfalls weitere Chemotherapiezyklen und/oder eine Bestrahlung der Tumorregion und des Resttumors in Frage. Patienten, deren Tumor bereits Metastasen gebildet hat (das ist selten der Fall bei der Erstdiagnose), werden nach Rücksprache mit der HIT-MED-Studienzentrale individuell behandelt.

Hinweis zu intraspinalen Ependymomen ZNS WHO-Grad 2 und 3:

Bei Patienten mit einem Ependymom ZNS WHO-Grad 2 oder 3 im Bereich des Rückenmarks kann ebenfalls eine Strahlentherapie (mit oder ohne Chemotherapie) angezeigt sein. Allerdings gibt es für diese Patienten bisher keine eindeutige Standard-Therapieempfehlung nach der Operation. Therapieentscheidungen müssen jeweils individuell getroffen

Anmerkung zur Studie SIOP-Ependymom II:

Im Rahmen der Anfang 2019 in Deutschland eröffneten Therapieoptimierungsstudie SIOP-Ependymom II (siehe Folgeabschnitt zu Studien und Registern) wird geprüft, ob durch Veränderungen der bisherigen Standardtherapie bessere Behandlungsergebnisse erzielt werden können. Zu diesem Zweck werden Patienten nach dem Zufallsprinzip verschiedenen Therapiearmen zugeordnet, die einen Vergleich der derzeitig empfohlenen Therapie mit neuen Therapieoptionen ermöglichen (Standard-Therapiearme und Prüfarme). Man bezeichnet diesen Vorgang als Randomisierung. Die bei Ihnen / Ihrem Kind durchgeführte Behandlung kann aus diesem Grund von den oben dargestellten allgemeinen Therapiekonzepten abweichen.

Therapieoptimierungsstudien und Register

Fast alle Kinder und Jugendlichen mit einem Ependymom und auch mit einem Rückfall (Rezidiv) dieser Erkrankung werden in Deutschland im Rahmen von Therapieoptimierungsstudien oder Registern behandelt. Therapieoptimierungsstudien sind kontrollierte klinische Studien, die das Ziel haben, erkrankte Patienten nach dem jeweils aktuellsten Wissensstand zu behandeln und gleichzeitig die Therapiemöglichkeiten zu verbessern und weiter zu entwickeln.

Patienten, die an keiner Studie teilnehmen, entweder weil zum Zeitpunkt ihrer Erkrankung keine Studie verfügbar ist oder weil sie die Einschlusskriterien einer bestehenden Studie nicht erfüllen, werden oft in einem so genannten Register dokumentiert. Ein solches Register dient zunächst dazu, die Therapie der Patienten wissenschaftlich zu begleiten. Zur Sicherung der optimalen Behandlung verfasst darüber hinaus die jeweilige Studiengruppe in der Regel detaillierte Empfehlungen und berät die behandelnden Ärzte bei der Auswahl der optimalen Therapie für den einzelnen Patienten.

Aktuell stehen folgende Therapieoptimierungsstudien und Register zur Verfügung:

  • Studie SIOP-Ependymom II: Seit Anfang 2019 können in Deutschland Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene (unter 22 Jahren), die neu an einem Ependymom erkranken, in die internationale, multizentrische Therapieoptimierungsstudie SIOP-Ependymom II eingeschlossen werden. An der Studie sind circa 60 Behandlungseinrichtungen im Inland und zahlreiche Kliniken im europäischen Ausland beteiligt. Ziel ist unter anderem, die bisherigen Therapieergebnisse zu verbessern, europaweit eine möglichst optimale und einheitliche Diagnostik und Behandlung anzubieten sowie Begleitforschung zu ermöglichen. Die nationale Studienkoordination befindet sich an der Kinderklinik des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf unter der Leitung von Prof. Dr. med. S. Rutkowski.
  • I-HIT-MED Register: Ependymom-Patienten unter 22 Jahren, die derzeit oder künftig nicht an einer klinischen Studie teilnehmen können oder wollen, können in das internationale HIT-MED-Register (International HIT-MED Registry) gemeldet werden. Diese Patienten erhalten eine individuelle, das heißt, eine auf ihre Krankheitsform abgestimmte Behandlung. Für die Teilnahme am I-HIT-MED Register spielt es jedoch keine Rolle, welche Art der Therapie gegeben wird; das Ziel des Registers ist nicht, eine bestimmte Therapie zu bewerten. Das Register befindet sich unter der Leitung der HIT-MED-Studienzentrale an der Kinderklinik des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (Studienleiter Prof. Dr. med. Stefan Rutkowski).
  • HIT-REZ-Register: Von Januar 2015 bis April 2023 bestand für Patienten ab 3 Monaten, deren Erkrankung nicht auf die Erstbehandlung ansprach (therapierefraktäres, progredientes Ependymom) oder die einen Krankheitsrückfall (Rezidiv) erlitten, die Möglichkeit der Aufnahme in das HIT-REZ-Register. Im Rahmen des Registers (Leitung: Prof. Dr. med. Gudrun Fleischhack, Zentrum für Kinder- und Ju-gendmedizin des Universitätsklinikums Essen) wurden keine neuen Behandlungsmethoden oder Medikamente erprobt. Wichtige Anmerkung: Die Patientenaufnahme in das Register ist seit 24.04.2023 beendet. Seit 2024 werden auch Patienten mit Krankheitsrückfällen über das I-HIT-MED Register dokumentiert (siehe oben).

Prognose

Die Heilungsaussichten eines Patienten mit Ependymom richten sich insbesondere nach der Lage des Tumors und den Möglichkeiten einer vollständigen Tumorentfernung. Bei Patienten mit einem vollständig entfernten Ependymom liegen die Überlebensraten nach einer Nachbestrahlung der Tumorregion, ohne ein Fortschreiten der Erkrankung, zwischen 60 und 85 % nach fünf Jahren und zwischen 50 und 70 % nach zehn Jahren (progressionsfreies Überleben). Für Patienten mit einem Resttumor nach der Operation sind die Heilungsaussichten deutlich ungünstiger.

Die Prognose für Patienten mit einem Ependymom des Rückenmarks ist insgesamt günstiger als die für Patienten mit einem Ependymom des Gehirns. Auch hier können sich allerdings bestimmte Faktoren (wie Resttumor, Ependymom-Subtyp und jüngeres Alter des Patienten) ungünstig auf die Überlebensaussichten auswirken.

Bei Patienten mit Rückfall (Rezidiv) eines Ependymoms werden in der Regel immer die Möglichkeiten einer erneuten Operation und/oder Bestrahlung geprüft. Es hat sich gezeigt, dass spezielle (radiochirurgische) Bestrahlungstechniken (stereotaktische Radiochirurgie) die durchschnittliche Überlebenszeit verlängern können. Ependymomrezidive sind außerdem bei manchen Patienten empfindlich gegenüber einer Chemotherapie, so dass auch diese Behandlungsform die Prognose verbessern kann.

Anmerkung: Bei den oben genannten Überlebensraten für Patienten mit Ependymom handelt es sich um statistische Größen. Sie stellen nur für die Gesamtheit der an dieser Form der Hirntumoren erkrankten Patienten eine wichtige und zutreffende Aussage dar. Ob der einzelne Patient geheilt werden kann oder nicht, lässt sich aus der Statistik nicht vorhersagen.

Der Begriff Heilung muss hier vor allem als „Tumorfreiheit“ verstanden werden. Denn auch wenn die heute verfügbaren Therapiemethoden zu langfristiger Tumorfreiheit führen können, so können ein möglicherweise schädigendes Wachstum des Tumors und auch langfristige Nebenwirkungen der Therapie Spätschäden hervorrufen. Diese erfordern eine langfristige medizinische Betreuung, gegebenenfalls auch eine intensive Rehabilitation.

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